Ausgabe 29: Renaturierungsverordnung 2024
Lange und durchaus emotional wurde über die Renaturierungsverordnung auf europäischer und nationaler Ebene debattiert. Seit 17.6.2024 ist klar, die Verordnung kommt zustande. Doch was beinhaltet diese umstrittene Verordnung eigentlich? Dieser Frage soll nun nachgegangen werden.
Zentraler Gegenstand der Verordnung ist eine langfristige und nachhaltige Erholung biodiverser und widerstandsfähiger Ökosysteme in den Land- und Meeresflächen der Mitgliedsstaaten. Realisiert werden soll dies durch die Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme. Zudem soll auch die Ernährungssicherheit verbessert werden. Wie diese Erholung beziehungsweise Wiederherstellung erfolgen soll, überlässt die EU überwiegend den Mitgliedstaaten („Mitgliedstaaten ergreifen die Wiederherstellungsmaßnahmen, die erforderlich sind“). Ziel ist es jene Flächen, die sich nicht in einem guten Zustand befinden, in einen guten zu versetzen, und zwar bis 2030 auf mindestens 30%, bis 2040 auf mindestens 60% und bis 2050 auf mindestens 90% der Gesamtflächen. Vorrang genießen die Fläche, die sich in Natura 2000-Gebieten befinden. Die Flächen werden in Anhang 1 in unterschiedliche Gruppen von Lebensraumtypen aufgegliedert (z.B. Boreale Wälder, Wälder des gemäßigten Europas).
Die Mitgliedsstaaten erstellen sogenannte nationale Wiederherstellungspläne, in denen die Flächen, die wiederhergestellt werden müssen, quantifiziert werden. Sie führen auch die vorbereitende Überwachung und die Forschung durch, die erforderlich sind, um die Wiederherstellungsmaßnahmen zu ermitteln. Die Mitgliedsstaaten haben 2 Jahre (2026) nach dem Tag des Inkrafttretens der Verordnung Zeit der Kommission einen Entwurf ihres Plans vorzulegen. Der nationale Wiederherstellungsplan deckt den Zeitraum bis 2050 ab. Er soll aber auch Zwischenfristen zu den jeweiligen Zielen und Verpflichtungen vorsehen.
Die Verordnung umfasst auch Ausnahmeregelungen. So können Mitgliedsstaaten sehr häufig vorkommende und weit verbreitete Lebensraumtypen, die mehr als 3% ihres europäischen Hoheitsgebiets abdecken, aus der betroffenen Gruppe von Lebensraumtypen ausnehmen, für die restlichen Lebensräume bleiben die Vorschriften aufrecht. Für Verschlechterungen des Zustandes durch Naturkatastrophen oder den Klimawandel besteht, abgesehen von Natura 2000-Gebieten, keine Verpflichtung zur kontinuierlichen Verbesserung des Zustands.
In Bezug auf erneuerbare Energien sieht Artikel 6 vor, dass sowohl die Planung, der Bau und der Betrieb von Anlagen sowie deren Netzanschluss, das betreffende Netz selbst und die Speicheranlagen im überragenden öffentlichen Interesse liegen. Eine Beschränkung auf bestimmte Arten von Technologien oder auf Projekte mit bestimmten technischen Eigenschaften ist möglich. Diese Bestimmung entspricht somit jener der RED III.
Artikel 12 befasst sich mit der Wiederherstellung von Waldökosystemen. Ziel ist es, die biologische Vielfalt von Waldökosystemen unter Berücksichtigung der Risiken von Waldbränden zu verbessern. Diese Bestimmung schreibt einen Aufwärtstrend bei häufigen Waldvogelarten und bei 6 der 7 Indikatoren für Waldökosysteme vor. Darunter fallen stehendes und liegendes Totholz; der Anteil der Wälder mit uneinheitlicher Altersstruktur; die Waldvernetzung; der Vorrat an organischem Kohlenstoff; der Anteil der Wälder mit überwiegend heimischen Baumarten und die Vielfalt der Baumarten. Eine Nichterreichung kann unter anderem dann gerechtfertigt sein, wenn sie auf Naturkatastrophen oder den Klimawandel zurückzuführen sind. Den Mitgliedsstaaten wird auch eine Verpflichtung zur Beitragsleistung bei der Pflanzung von 3 Milliarden zusätzlichen Bäumen bis 2030 auf Unionsebene auferlegt.
Um den Mitgliedsstaaten unter die Arme zu greifen, findet sich in Anhang VII eine Liste von Beispielen für Wiederherstellungsmaßnahmen. So kann durch aktive Bewirtschaftung mit Begünstigung der Entwicklung selbstregulierender Funktionen und geeigneter Widerstandsfähigkeit die Entstehung heimischer Altwälder und reifer Bestände gefördert werden. Auch die Stärkung von ökologischen Elementen in Wäldern, durch große, alte und sterbende Bäume (Habitatbäume) und die Erhöhung der Menge von liegendem und stehendem Totholz wird angeführt.
Die Verordnung trat am 18.08.2024 in Kraft. Nun liegt es an den Mitgliedsstaaten die in der Verordnung umfassten Anforderungen umzusetzen.
Fakten:
„Die EU-Renaturierungsverordnung zielt auf die umfassende Wiederherstellung geschädigter Ökosysteme ab, um die biologische Vielfalt und die Resilienz von Land- und Meeresflächen langfristig zu sichern.“
„Die EU-Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, detaillierte nationale Wiederherstellungspläne zu entwickeln, die Maßnahmen zur Erholung von Ökosystemen quantifizieren und bis 2050 einen nachhaltigen Zustand der betroffenen Flächen gewährleisten.“
„Die Verordnung legt gestaffelte Zielvorgaben fest, wonach bis 2030 mindestens 30%, bis 2040 mindestens 60% und bis 2050 mindestens 90% der beeinträchtigten Flächen in einen ökologisch guten Zustand versetzt werden müssen.“