Ausgabe 32: Strommarktreform und CfDs
Strommarktreform der EU bringt neue Rahmenbedingungen für Österreichs Förderpolitik
Im April 2024 hat das Europäische Parlament die Reform des Strommarktdesigns verabschiedet. Ziel dieser Reform ist es, den Strommarkt krisenfester zu gestalten, Investitionen in erneuerbare Energien besser abzusichern und die Preisdynamik für Endverbraucher:innen zu dämpfen.
Die Reform basiert auf Änderungen bestehender EU-Rechtsakte, insbesondere der Verordnung (EU) 2019/943 über den Elektrizitätsbinnenmarkt und der Richtlinie (EU) 2019/944 über gemeinsame Vorschriften für den Elektrizitätsbinnenmarkt. Während die geänderte Verordnung unmittelbar gilt, erfordert die überarbeitete Richtlinie eine Umsetzung durch die Mitgliedstaaten. In Österreich ist parallel dazu die politische und fachliche Diskussion darüber angelaufen, wie bestehende Fördermodelle an die neuen Rahmenbedingungen angepasst werden können. Ein Instrument, das dabei zunehmend an Bedeutung gewinnt, sind Contracts for Difference (CfDs). In mehreren EU-Mitgliedstaaten bereits Teil der Förderpraxis, rücken sie auch in Österreich verstärkt in den Fokus.
In dieser Ausgabe von Holzkraft recherchiert geben wir einen Überblick über die Ziele und Inhalte der Strommarktreform, erläutern die Funktionsweise von CfDs und stellen dar, welche Rahmenbedingungen und Fragestellungen sich daraus für die Bioenergie aus Holz ergeben.
Auswirkungen der Energiekrise auf das Strommarktdesign
Die Energiekrise 2022 hat gezeigt, wie stark sich Preisspitzen bei einzelnen Energieträgern auf den gesamten Strommarkt auswirken können. Durch das geltende Merit-Order-Prinzip bestimmten die kurzfristig stark gestiegenen Gaspreise das Strompreisniveau im Großhandel. Davon betroffen waren auch erneuerbare Erzeugungstechnologien mit niedrigen Grenzkosten.
Als unmittelbare Reaktion verabschiedete die Europäische Union im Herbst 2022 eine Notfallverordnung. Diese führte unter anderem eine Erlösobergrenze für sogenannte inframarginale Technologien ein. In Österreich wurde diese Vorgabe durch den Energiekrisenbeitrag Strom umgesetzt. Eine ausführliche Erläuterung dieses Instruments war Gegenstand der vorherigen Ausgabe von Holzkraft recherchiert (Ausgabe 31).
Parallel zu diesen „kurzfristigen“ Maßnahmen startete auf EU-Ebene eine grundlegende Diskussion über strukturelle Anpassungen im Strommarktdesign. Im Mittelpunkt stehen seither drei Zielsetzungen:
- eine Stabilisierung der Strompreise für Verbraucherinnen und Verbraucher,
- verbesserte Investitionssicherheit für neue Stromerzeugungskapazitäten und
- eine höhere Krisenfestigkeit des europäischen Energiesystems.
Ein Instrument zur Erreichung dieser Ziele sind langfristige Preisverträge wie die Contracts for Difference.
CfDs als Schlüsselinstrument der Strommarktreform
Ein Contract for Difference ist ein vertraglich geregeltes Modell zur Absicherung eines vereinbarten Strike Prices. Wird Strom am Markt zu einem niedrigeren Preis verkauft als im Vertrag vereinbart, wird die Differenz aus dem Fördermechanismus abgegolten. Übersteigt der Marktpreis den vereinbarten Strike Price, werden die Mehrerlöse an die öffentliche Hand zurückgeführt.
Die Europäische Kommission verfolgt mit diesem Mechanismus zwei Ziele: Einerseits sollen neue Investitionen in Erzeugungsanlagen abgesichert werden. Andererseits sollen übermäßige Marktgewinne in Hochpreisphasen begrenzt werden, um die volkswirtschaftlichen Kosten der Energiewende besser steuerbar zu machen.
Mit der nun vorliegenden Reform des europäischen Strommarkts wurde verbindlich festgelegt, dass bei künftigen Investitionsförderungen in Form direkter Preisstützungssysteme – etwa Marktprämien oder Einspeisetarifen – vorrangig CfDs oder vergleichbare Modelle mit Rückzahlungsverpflichtung eingesetzt werden sollen. Die Einführung von CfDs wurde für Wind-, Solar-, geothermische Energie, Wasserkraft ohne Speicher und für die Kernenergie verbindlich vorgesehen. Biomasse wird zwar nicht ausdrücklich genannt, aber auch für sie ist die Einführung von CfDs möglich. Entscheidend ist, dass bei der Verwendung öffentlicher Mittel Rückflussmechanismen vorgesehen werden, sofern der Marktpreis den vertraglich vereinbarten Strike Price übersteigt.
Ausgestaltungsmöglichkeiten im nationalen Fördersystem
Die Förderung erneuerbarer Stromerzeugung in Österreich erfolgt derzeit im Rahmen des Erneuerbaren-Ausbau-Gesetzes über eine gleitende Marktprämie. Dabei wird ein Referenzerlös (anzulegender Wert) zugesichert, wobei Marktpreisspitzen vollständig beim Betreiber verbleiben. Ausgenommen davon sind Windkraft- und Wasserkraftanlagen ab 20 MW Engpassleistung, sowie Photovoltaikanlagen ab 5 MW Engpassleistung. Übersteigt der Marktpreis den anzulegenden Wert um mehr als 40 % müssen diese Anlagen 66 % des Überschusses an die Abwicklungsstelle rückvergüten.
Im Zuge der nationalen Umsetzung der EU-Reform wird nun diskutiert, ob dieses System beibehalten, modifiziert oder durch neue Modelle ergänzt wird. Die Einführung von CfDs für alle erneuerbaren Energien wäre eine Möglichkeit, den neuen europäischen Anforderungen gerecht zu werden. Ob und in welcher Form dies erfolgt, wird durch politische und wirtschaftliche Erwägungen in den kommenden Monaten entschieden.
Was CfDs für Holzkraftwerke bedeuten
Holzkraftwerke erzeugen Strom und Wärme im gekoppelten Betrieb und leisten dabei kontinuierlich Beiträge zur Energieversorgung. Die Fahrweise dieser Anlagen ist häufig auf eine hohe Auslastung und gleichmäßige Wärmebereitstellung ausgelegt. Innerhalb technischer und wirtschaftlicher Grenzen besteht jedoch die Möglichkeit zur stromseitigen Lastanpassung, etwa im Tagesverlauf, saisonal oder im Rahmen definierter Fahrpläne. Im Vergleich zu wetterabhängigen Technologien kann diese Flexibilität systemisch relevant sein.
CfDs bilden Marktsignale jedoch nicht ab. Bei einer fixierten Vergütung über alle Marktphasen hinweg entsteht kein Anreiz, Strom gezielt in Hochpreiszeiten bereitzustellen. Für steuerbare Erzeugungstechnologien stellt sich daher die Frage, wie betriebswirtschaftlich nutzbare Flexibilitäten künftig abgebildet oder ergänzt werden können.
Hinzu kommt die spezifische Kostenstruktur holzbasierter Anlagen. Laufende Betriebskosten, insbesondere für Brennstoffe, Personal und Instandhaltung, prägen die Gestehungskosten stärker als bei anderen erneuerbaren Technologien. Ein geeigneter Referenzpreis muss diese Realitäten abbilden.
Die Strommarktreform auf EU-Ebene schafft die rechtlichen Voraussetzungen für eine differenzierte nationale Umsetzung. Sie benennt ausdrücklich Technologien, für die CfDs als besonders geeignet gelten, schließt aber andere nicht aus. Ob und wie holzbasierte Anlagen künftig in solche Modelle integriert werden, hängt von der Ausgestaltung der nationalen Förderpraxis ab.
Fakten:
„Mit der Reform des europäischen Strommarktdesigns schafft die EU neue Rahmenbedingungen für ein stabileres und krisenfesteres Stromsystem. Ziel ist es, Preisdynamiken besser zu steuern, Investitionen abzusichern und Rückflussregelungen bei öffentlicher Förderung klarer zu regeln.“
„Contracts for Difference (CfDs) sichern einen vertraglich festgelegten Strompreis (Strike Price) ab. Liegt der Marktpreis darunter, wird die Differenz ausgeglichen. Liegt er darüber, fließen die Mehrerlöse an die öffentliche Hand zurück.“
„CfDs bilden Marktsignal nicht ab und verringern für flexible Erzeugungstechnologien so den Anreiz Strom in Hochpreisphasen bereitzustellen.“
Quellen:
- https://energy.ec.europa.eu/topics/markets-and-consumers/electricity-market-design_en
- https://oesterreichsenergie.at/fileadmin/user_upload/Oesterreichs_Energie/Publikationsdatenbank/Positionspapiere/2023/OE_PP_Electricity_Market_Design.pdf
- https://stiftung-umweltenergierecht.de/wp-content/uploads/2025/04/Stiftung_Umweltenergierecht_Wuestudien_40_Rueckzahlungsinstrumente-bei-EE-Foerderung.pdf