Ausgabe 30: Führt die Holznutzung in Österreich zu Entwaldung?
„Die Nutzung von Holz führt zwangsläufig zu Entwaldung.“ Dieser Vorwurf wird oft gegen die Holzenergiebranche erhoben und sorgt regelmäßig für kontroverse Diskussionen.
Doch was steckt hinter dieser Behauptung?
Wir werfen einen genauen Blick auf die Fakten, analysieren die Zusammenhänge und beleuchten den Wald nicht nur als Rohstofflieferant, sondern auch als komplexes Ökosystem. Dabei klären wir Missverständnisse auf und zeigen, warum die energetische Holznutzung in Österreich nicht nur ökologisch vertretbar, sondern auch ein unverzichtbarer Bestandteil der nationalen Klimastrategie ist.
Was bedeutet Entwaldung wirklich?
Entwaldung ist ein Begriff, der häufig missverständlich oder undifferenziert verwendet wird. Gemäß der Definition der Food and Agriculture Organization (FAO) bezeichnet Entwaldung die dauerhafte Umwandlung von Waldflächen in andere Landnutzungen, etwa für landwirtschaftliche Zwecke, Siedlungen oder Infrastrukturprojekte. Diese Definition unterscheidet sich jedoch grundlegend von der nachhaltigen Holznutzung, die keine dauerhafte Reduktion der Waldfläche zur Folge hat. In Österreich ist jede Form der Holznutzung gesetzlich an die Verpflichtung zur Wiederaufforstung oder natürlichen Regeneration gekoppelt. Dadurch bleibt die Waldfläche langfristig stabil und erfüllt weiterhin ihre ökologischen Funktionen als Kohlenstoffspeicher, Lebensraum und Rohstofflieferant.
Faktenlage: Keine Entwaldung, sondern Waldwachstum
Österreich weist eine Netto-Entwaldungsrate von 0 % auf. Das bedeutet, dass die Waldfläche konstant bleibt oder sogar leicht zunimmt – ein Ergebnis gesetzlich geregelter, nachhaltiger Forstwirtschaft. Gleichzeitig zeigen die neuesten Ergebnisse der Österreichischen Waldinventur (ÖWI), dass die Waldfläche und der Holzvorrat in den letzten Jahrzehnten stetig gestiegen sind und sich auf einem historischen Höchststand befinden.
- Waldfläche: Aktuell beträgt die Waldfläche 4,02 Millionen Hektar – ein Anstieg seit Beginn der Österreichischen Waldinventur (ÖWI) in den 1960er Jahren, als die Waldfläche noch bei etwa 3,87 Millionen Hektar lag. Auch im Vergleich zur vorangegangenen Inventurperiode (2016–2019) zeigt sich ein Zuwachs.
- Holzzuwachs vs. Nutzung: Der Holzvorrat liegt bei 1.174 Millionen Vorratsfestmetern (Vfm), wobei in den letzten Jahren rund 97 % des jährlichen Zuwachses genutzt wurden. Dieser hohe Nutzungsgrad wird teilweise durch klimabedingte Schadereignisse wie Borkenkäfer und Stürme beeinflusst, die regional zu Schwankungen führen können.
- Totholzanteil: Der durchschnittliche Totholzanteil beträgt laut ÖWI 10,5 Vfm/ha, was etwa 3 % des gesamten Holzvorrats ausmacht – ein leichter Anstieg gegenüber früheren Inventuren. Dieser Anstieg spiegelt die bewusste Förderung der Biodiversität wider, da Totholz als wichtiger Lebensraum für Insekten, Pilze und andere Arten dient. Zugleich wird die Menge so reguliert, dass wirtschaftlich nutzbares Holz nicht übermäßig reduziert und Risiken wie Schädlingsbefall oder CO₂-Freisetzung geringgehalten werden.
Die Daten zeigen, dass Österreichs Wälder trotz intensiver Nutzung stabil bleiben. Allerdings weist das Bundesforschungszentrum für Wald (BFW) darauf hin, dass klimabedingte Herausforderungen wie Trockenperioden und extreme Wetterereignisse die Dynamik der Wälder zunehmend beeinflussen werden.
Nachhaltigkeit durch ein strenges Forstgesetze
Die Grundlage der nachhaltigen Waldbewirtschaftung in Österreich bildet das Forstgesetz von 1975, das kontinuierlich an neue Herausforderungen angepasst wurde. Es schafft den rechtlichen Rahmen, um zentrale Themen wie Klimawandel, Biodiversitätsschutz und die Umsetzung internationaler Vorgaben zu adressieren.
Seine wesentlichen Prinzipien sind:
- Nachhaltigkeitsprinzip: Nur so viel Holz darf entnommen werden, wie jährlich nachwächst. Dies sichert die Waldfläche und trägt wesentlich zur Stabilisierung des Kohlenstoffkreislaufs bei.
- Aufforstungspflicht: Jede genutzte Fläche muss aufgeforstet oder durch natürliche Regeneration ersetzt werden. Dies garantiert die Kontinuität der Waldbewirtschaftung und den Erhalt der Waldfläche.
- Schutzgebiete: Rund 24 % der Waldfläche stehen unter Naturschutz, um wertvolle Lebensräume zu sichern und die Artenvielfalt zu fördern.
Dieses Gesetz leistet weit mehr als die Verhinderung von Entwaldung. Es legt die Grundlage dafür, Wälder als vielseitige Ökosysteme zu erhalten – robust gegenüber klimatischen Herausforderungen, artenreich und nachhaltig nutzbar. Mit klaren Vorgaben und der Fähigkeit, auf neue Herausforderungen zu reagieren, sichert es die langfristige Stabilität und Widerstandsfähigkeit der österreichischen Wälder.
Warum bewirtschaftete Wälder nachhaltiger sind
Ein oft übersehener Aspekt ist die Rolle bewirtschafteter Wälder als aktive Kohlenstoffsenken. In unbewirtschafteten Wäldern wird ein großer Teil der Holzmasse durch natürliche Mortalität verloren. Beim Zerfall von Totholz wird CO₂ freigesetzt, ohne dass dieses durch neues Wachstum gebunden wird.
Fakt: Die Studie „Klimaholz“ unter der Leitung von Prof. Dr. Hubert Röder von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) zeigt, dass in unbewirtschafteten Wäldern 30–40 % der Holzmasse durch konkurrenzbedingte Mortalität verloren gehen und als Totholz verrotten. In bewirtschafteten Wäldern hingegen wird dieses Holz entnommen und als Bauholz oder Energiequelle genutzt, während junge Bäume nachwachsen und erneut CO₂ aus der Atmosphäre binden. Diese Prozesse erhalten den Wald als funktionierendes Ökosystem, in dem sowohl Klimaschutz als auch Biodiversität gefördert werden. Der Wald bleibt nicht nur ein Lebensraum für zahlreiche Arten, sondern erfüllt gleichzeitig seine Rolle als Kohlenstoffspeicher – ein zentraler Bestandteil der Klimastrategie.
Holzenergie: Nachhaltige Nutzung für Klima und Wald
Der Vorwurf, die energetische Holznutzung führe zu Entwaldung, ist durch die vorliegenden Daten klar widerlegt. In Österreich bleibt die Waldfläche nicht nur stabil – sie wächst. Dies ist das Ergebnis einer gesetzlich verankerten nachhaltigen Forstwirtschaft, die den Schutz der Wälder mit ihrer wirtschaftlichen Nutzung in Einklang bringt.
Die eigentliche Herausforderung für die österreichischen Wälder liegt im wachsenden Einfluss klimatischer Veränderungen. Extremereignisse wie Trockenperioden, Stürme und Schädlingsbefall, die durch den Klimawandel verstärkt werden, setzen die Waldökosysteme zunehmend unter Druck. Diese Entwicklungen beeinflussen den Holzzuwachs und die Vorräte nachhaltig und verdeutlichen die Bedeutung erneuerbarer Energien für die Reduktion fossiler Brennstoffe und die Förderung der Waldresilienz.
In diesem Kontext leistet Holzenergie einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Moderne Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlagen (KWK) ermöglichen durch Wirkungsgrade von über 90 % eine besonders effiziente Nutzung des Rohstoffes Holz. Als grundlastfähige und planbare Energiequelle stabilisiert sie das Energiesystem und ergänzt volatilen erneuerbaren Energien wie Wind- und Solarenergie. Diese Eigenschaften machen die energetische Holznutzung zu einem bedeutenden Bestandteil der österreichischen Klimastrategie.
Die Datenlage zeigt klar: Holzenergie gefährdet die Wälder nicht, sondern unterstützt deren nachhaltige Bewirtschaftung. Österreichs Wälder bleiben Kohlenstoffspeicher, Lebensraum und Ressource zugleich. Die Verbindung von ökologischer Verantwortung und wirtschaftlicher Nutzung unterstreicht, dass Klimaschutz und Forstwirtschaft im Rahmen wissenschaftlich fundierter Strategien erfolgreich umgesetzt werden können.
Fakten:
„Dank gesetzlich verankerter Aufforstungspflichten und nachhaltiger Waldbewirtschaftung weist Österreich eine Netto-Entwaldungsrate von 0 % auf. Die Waldfläche beträgt aktuell 4,02 Millionen Hektar und hat seit den 1960er Jahren kontinuierlich zugenommen.“
„Laut der Studie „Klimaholz“ verbleiben in unbewirtschafteten Wäldern bis zu 40 % der Holzmasse als Totholz und setzen beim Zerfall CO₂ frei. In bewirtschafteten Wäldern wird dieses Holz genutzt, während nachwachsende Bäume aktiv CO₂ binden und den Wald so langfristig als effektiven Kohlenstoffspeicher erhalten.“
„Moderne KWK-Anlagen nutzen Holzressourcen aus nachhaltig bewirtschafteten Wäldern mit Wirkungsgraden von über 90 %. Diese planbare und grundlastfähige Energiequelle ersetzt fossile Brennstoffe – ohne Waldflächen oder ihre Funktion als Kohlenstoffspeicher zu beeinträchtigen.“
Quellen:
- Hubert Röder et al. (2023): Klimaholz – Eine umfassende Analyse der Substitutionseffekte und Wiederverwendungspotenziale von Holz im Kontext des Klimawandels. Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT)
- Cornelius M. Pirch: Der Wald in Österreich wächst – Börsen Kurier 23.01.2025
- Robert Jandl et. al. (2024): APCC Special Report: Landnutzung und Klimawandel in Österreich. Bundesforschungs- und Ausbildungszentrum für Wald, Naturgefahren und Landschaft (BFW), Springer Spektrum.
- Wood Mining and Reclaimed Timber Eine umfassende Analyse der Substitutionseffekte und Wiederverwendungspotenziale von Holz im Kontext des Klimawandels
- Rupert Seidl (2022): Waldbild jetzt und in Zukunft